Wissenswertes aus dem ClusterThemen rund um BodenseeAIRea

Informationsreise des deutschen Mediennetzwerks Luft- und Raumfahrt

Neue Geschäftsfelder und Strategien für Luft- und Raumfahrt entwickeln | Airbus mit 1600 Quadratmeter Reinraum für Satelliten-Produktion | Airport Friedrichshafen: Klimaschutz als größte Herausforderung | ZIM Aircraft Seating: 30.000 Teile für einen Flugzeugsitz.

„Eine Vielzahl von Unternehmen und Institutionen machen die Bodenseeregion zur BodenseeAIRea, einer der Schwerpunktregionen der deutschen Luft- und Raumfahrt“, betonte Thomas Grossmann, Cluster-Manager der BodenseeAIRea bei der Wirtschaftsförderung Bodenseekreis GmbH gegenüber dem deutschen Mediennetzwerk Luft- und Raumfahrt (LPC). „Wir entwickeln neue Geschäftsfelder und Strategien für die Luft- und Raumfahrt und bringen Partner mit gleichen oder ergänzenden Interessen zueinander. Anlass der Pressetour waren Informationsgespräche des LPC mit Experten des Luft- und Raumfahrtclusters der Luft- und Raumfahrtregion Bodenseekreis im Oktober 2022.

Der Bodenseekreis gehört nach Benedikt Otte - seit 15 Jahren Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Bodenseekreis GmbH - zu den wichtigsten Wirtschaftsregionen Deutschlands. Kernbranchen sind dabei die Luft- und Raumfahrt, Automotive und Maschinenbau, IT und Elektronik, Handwerk und Dienstleistungen sowie Landwirtschaft, Freizeit und Gesundheit.

Das Luft- und Raumfahrtcluster hat aktuell 20 Mitglieder, besteht seit elf Jahren und wird ergänzt durch Hochschulen und Forschungseinrichtungen, Museen (Zeppelin und Dornier) und privatwirtschaftliche Unternehmen der Branche, zu denen weltweit agierende Konzerne wie Airbus Defence and Space, Diehl, Liebherr Aerospace, Zeppelin Luftschifftechnik, ZF-Luftfahrttechnik, Flugzeugsitze-Hersteller wie ZIM Air-Craft-Seating und andere gehören.

Den Grundstein für die Entwicklung der Region wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter anderem durch die Unternehmer-Pioniere Ferdinand Graf von Zeppelin und Claude Dornier gelegt. Somit zählt auch der Flughafen, der Bodensee Airport, zu den wichtigsten Bestandteilen der regionalen Infrastruktur, von der die gesamte Wirtschaftsregion profitiert.

„Trotz aller Problematik, die Regionalflughäfen bundesweit haben, verstärkt auch durch die aktuelle Pandemie, werden wir insgesamt in diesem Jahrzehnt zahlreiche Innovationen in der Luftfahrt erleben, die ganz neue Chancen für die Mobilität der Menschen und die Frachtlogistik bedeuten“, erklärte Claus-Dieter Wehr, Geschäftsführer, des Bodensee Airport Friedrichshafen, dem südlichsten Verkehrsflughafen Deutschlands. In diesem Zusammenhang ist der Klimaschutz die bisher größte Herausforderung für die Luftfahrt.

„Klimaneutral“, so Wehr, „werden zunächst kleinere Regionalflugzeuge zum Einsatz kommen, wodurch es eine Renaissance für die oftmals totgesagten Regionalflughäfen geben wird.“  Bernd Behrend, Marketingleiter des Airport Friedrichshafen ergänzt: „Letztlich ist das der Fokus, auf dem auch ein Schwerpunkt unserer Arbeit hier am Flughafen liegt, da der herkömmliche Regionalverkehr – Kurzstrecke und innerdeutsch – so nicht mehr wiederkommen wird. Die Knappheit der fossilen Energien hat diesen Prozess beschleunigt.“

Zu den wichtigen Wirtschaftstreibern der Bodenseeregion gehört auch die Messe Friedrichshafen u.a. mit der Aero, der jährlich stattfindenden Messe für die allgemeine Luftfahrt in Europa, die von der Messe Friedrichshafen veranstaltet wird.

Mit über 2.200 Mitarbeitern ist die Airbus Defence and Space GmbH am Standort Friedrichshafen der größte Arbeitgeber im Luft- und Raumfahrt-Cluster des Bodenseekreises und einer der Traditionsstandorte des Konzerns, dessen Ursprung auf die Unternehmen des Luftfahrtpioniers Claude Dornier zurückgeht. Airbus zählt zu den Spitzenreitern des Satellitenbaus. Mit der Fertigung von Satelliten trägt Airbus erheblich zur wissenschaftlichen Erkundung des Weltalls, der Erdbeobachtung und der Meteorologie bei. Neben der Satelliten-Produktion zählt auch die Fertigung von Messinstrumenten zur Forschung unter Schwerelosigkeit sowie Nutzlast- und Lebenserhaltungssystemen für die bemannte Raumfahrt zur Expertise dieses Standorts.

Christian Dörr, External Communications Manager von Airbus Defence and Space sieht neben den Kernkompetenzen des Unternehmens wie „Sichere Satellitenkommunikation und Netzwerke, Produkte und Dienstleistungen für Geo-Informationen, Satellitenintegration und Tests sowie Air Dominance und Mobile Hospitäler“ eine Vielzahl von Zukunftsthemen am Standort für überaus relevant. Dazu zählen unter anderem die Bereiche Autonomes Fahren/Autonome Systeme, Künstliche Intelligenz, New Space, Digitalisierung sowie FCAS und Multi Domain Combat Cloud.

Alleinstellungsmerkmale von Airbus Defence and Space in Friedrichshafen sind nach den Worten von Christian Dörr die Erstellung von Komplettlösungen im Raumfahrtbereich – Systems of Systems, Cyber Secured Produkte und eine Service basierte Architektur von Multi-Domain-Lösungen.

2019 wurde der Airbus-Standort Friedrichshafen um das ITC, das Satelliten-Integrations- und Raumfahrt-Technikzentrum, mit einem bemerkenswerten Reinraum erweitert. Dem Mediennetzwerk Luft- und Raumfahrt wurde u.a. auch die Reinraum-Technologie vorgestellt. Das Prinzip: Der Airbus-Reinraum für die Produktion von Satelliten auf 1600 Quadratmetern trennt über horizontale und vertikale Luftströme die erforderlichen Reinraum-Zertifizierungen ISO 5 und ISO 8 vollständig wirksam aber nicht sichtbar voneinander. Der Airbus-Reinraum in Friedrichshafen ist ungeschlagen der größte Europas.

Eniz Sahbegovic, Verkaufs- und Marketing-Direktor von ZIM Aircraft Seating informierte das LPC-Mediennetzwerk über die überaus komplexe Produktion von Flugzeugsitzen in den Bereichen Economy Class, Premium Economy Class und Business Class. Sahbegovic: „ein einzelner Flugzeugsitz mit den Kosten eines Mittelklassefahrzeugs beinhaltet bis zu 30.000 Einzelkomponenten – u.a. Nieten, Schrauben, Stecker, Kabel, Ummantelungen, Nähte, Aluminiumteile“. ZIM Aircraft Seating GmbH beschäftigt an den Standorten Immenstaad und Markdorf 130 Mitarbeiter.

Zeppelin ist nicht nur Mythos, sondern seit 1997 wieder Realität, als der Zeppelin NT (Neue Technologie) zu seinem Jungfernflug startete. Mit einer Länge von 75 Metern und einem Volumen von 8.425 Kubikmetern ist der Zeppelin das zur Zeit größte halbstarre Luftschiff der Welt. Das mit drei Textron Lycoming-Motoren (jeweils 147 kW/ 200 PS) angetriebene Luftschiff ist bei gutem Wetter täglich über dem Bodensee am Himmel zu sehen. Nicht nur im exklusiven Flugtourismus wird der Zeppelin NT eingesetzt, er bietet vor allem bei einer Reichweite von 1.000 Kilometern und einer maximalen Flugdauer von 22 Stunden auch beste Voraussetzungen für den Einsatz als fliegendes Labor im Dienst der Wissenschaft. Ideale wissenschaftliche Missionen des 19,5 Meter breiten und 17, 4 Meter hohen Luftschiffes sind nach Angaben des Betreibers, der Deutschen Zeppelin-Reederei GmbH in Friedrichshafen, Beobachtungen aus geringer Höhe, beispielsweise in der Meeres- und Atmosphärenforschung sowie der Geologie- und Rohstoffexploration. Den Mitgliedern des LPC wurde in Friedrichshafen auch die überdimensionale „Garage“ mit   Platz für drei Luftschiffe vorgestellt. Der Zeppelin-Hangar hat eine Länge von 110 Metern, ist 34 Meter hoch und 69 Meter breit. Der Zeppelin NT, mit Platz für zwei Piloten und 12 Passagiere, ist mit unbrennbarem Helium gefüllt. Faszinierend: die Hülle wiegt nur 1.000 Kilogramm und besteht aus reißfestem 3-Schicht-Laminat.

Am 13. Oktober 1977, nunmehr vor 45 Jahren, ereignete sich ein Terroranschlag besonderer Brutalität: die Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“, einer Boing 737-.200. Heute befindet sich die teilweise zerlegte Maschine in einem Hangar des Airports Friedrichshafen. „Hier konnten wir die „Landshut“ zwischenlagern“, erklärte Christian Gieseke von der Projektgruppe „Interdisziplinäre Bildung und Vermittlung Landshut“ der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn, vor Mitgliedern des Mediennetzwerkes Luft- und Raumfahrt. Christian Gieseke: “Wir suchen einen Dauer-Platz für die „Landshut“, an dem wir die Öffentlichkeit über Geschichte, Hintergründe, damalige politische Entscheidungen und Aufarbeitung des Ereignisses in gebührender Form informieren können.“ So lange wird die Maschine in Friedrichshafen ihren „Zwischenschlaf“ führen.

Der Terror-Anschlag: Am 13. Oktober 1977 entführte das palästinensische Terrorkommando Martyr Halimeh eine Lufthansa-Maschine auf dem Flug von Palma de Mallorca nach Frankfurt/Main. Nach der Ermordung des Flugkapitäns Schumann am 16. Oktober und mehreren Zwischenstopps in Rom, Zypern, Bahrain, Dubai und im Südjemen landete die Landshut in Somalias Hauptstadt Mogadischu. Dort wurde sie am 18. Oktober 1977 von der GSG 9, dem Spezialeinsatzkommando des Bundesgrenzschutzes, gestürmt. Zuvor hatte die Terrorgruppe die Geiseln mit Benzin überschüttet. Eine Flugbegleiterin wurde beim Einsatz verletzt.  Drei der vier Terroristen wurden erschossen.

Die Palästinenser hatten die Freilassung von RAF-Terroristen und Gesinnungsgenossen in türkischen Gefängnissen sowie 15 Millionen Dollar gefordert. Die Bundesregierung unter Bundeskanzler Helmut Schmid) erfüllte die Forderungen nicht. Die Geiselbefreiung in Mogadischu war Anlass für den kollektiven Suizid der inhaftierten RAF-Spitze in der sogenannten Todesnacht im Hochsicherheitsgefängnis von Stuttgart-Stammheim. Noch am gleichen Tag wurde Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer von anderen RAF-Mitgliedern ermordet.

Gastbeitrag von: Michael T. Hofer, LPC-Präsidiumsmitglied Finanzen